Nachhaltigkeitsberichterstattung meistern: Herausforderungen und Maßnahmenkatalog
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung stellt kleine und mittlere Unternehmen vor eine Vielzahl von Herausforderungen, die sowohl auf interne als auch externe Faktoren zurückzuführen sind. Diese Hindernisse erschweren es den Unternehmen, den wachsenden Anforderungen an Transparenz und Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Im Folgenden werden die zentralen Herausforderungen zusammengefasst, denen KMU häufig gegenüberstehen. Sie reichen von einem mangelnden Verständnis für Nachhaltigkeitsprinzipien und organisatorischer Veränderungsresistenz bis hin zu fehlenden Managementstrukturen und unzureichenden technologischen Ressourcen. Auch externe Einflüsse, wie dynamische regulatorische Entwicklungen und heterogene Stakeholderanforderungen, spielen eine wesentliche Rolle. Dieser Blogbeitrag bietet eine detaillierte Übersicht über die vielfältigen Hürden, die KMU bei der effektiven Umsetzung einer nachhaltigen Berichterstattung begegnen können.
Um KMU bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen, wurde ein umfassender Maßnahmenkatalog entwickelt. Dieser Katalog bietet konkrete Handlungsempfehlungen, die auf bewährten Praktiken und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Ziel ist es, Unternehmen praxisnahe und umsetzbare Lösungen an die Hand zu geben, um ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung effizient und erfolgreich zu gestalten. Der folgende Maßnahmenkatalog zeigt auf, wie KMU strukturiert und nachhaltig die häufigsten Herausforderungen überwinden können.
Mangelndes Nachhaltigkeitsverständnis und -bewusstsein
Unzureichendes Wissen und Bewusstsein über Nachhaltigkeitsprinzipien führt zu geringem Engagement und ineffektiver Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien und Nachhaltigkeitsanforderungen, wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
- Vielschichtigkeit der nachhaltigen Berichterstattung
- Mangelndes oder uneinheitliches Verständnis nachhaltiger Berichterstattung
- Mangelndes Bewusstsein nachhaltiger Berichterstattung
Um ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis im Unternehmen aufzubauen, sollten gezielte Schulungsprogramme eingeführt werden, die regelmäßige Nachhaltigkeitsseminare für alle Mitarbeitenden beinhalten. Diese Seminare könnten sowohl allgemeine Nachhaltigkeitsthemen als auch spezifische Aspekte, wie z.B. Energieeffizienz im Büro oder nachhaltige Lieferketten, behandeln. Ergänzend könnten Online-Kurse und E-Learning-Module zur Verfügung gestellt werden, um flexibles Lernen zu ermöglichen. Unternehmen wie REWE, MAN und IKEA bieten beispielsweise eine Vielzahl an Schulungen an, um ihre Mitarbeitenden sowie Kunden nachhaltig weiterzubilden.
Zudem sollten Unternehmen Nachhaltigkeit als zentralen Bestandteil in ihre Unternehmenswerte und -kultur integrieren, indem sie Nachhaltigkeitsziele in ihre Unternehmensvision und -mission aufnehmen. Eine nachhaltige Unternehmenskultur kann beispielsweise durch die Vorbildfunktion des Managements und die Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien in die jährlichen Leistungsbeurteilungen und Zielvereinbarungen der Mitarbeitenden gefördert werden. KMU der Automobilindustrie können sich beispielsweise über den Verband der Automobilindustrie über innovative Lösungsansätze zur Erreichung der Klimaneutralität informieren.
Es wird empfohlen, eine Position für einen Nachhaltigkeitsbeauftragten oder ein Team zu schaffen, das die Verantwortung für die Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien übernimmt. Dieses Team kann regelmäßige Meetings und Workshops organisieren, um neue Initiativen zu entwickeln und bestehende Maßnahmen zu überprüfen. Zudem sollte es als Anlaufstelle für alle Mitarbeitenden dienen, um Fragen zu Nachhaltigkeitsthemen zu beantworten und Anregungen aufzunehmen.
Organisationale Veränderungsresistenz
Notwendige strukturelle und/oder technische Veränderungen zur Unterstützung nachhaltiger Berichterstattung stoßen im Unternehmen auf Resistenz. Es fehlt an Änderungsbereitschaft und Durchhaltevermögen.
- Resistenz gegenüber strukturellen Veränderungen im Unternehmen
- Resistenz gegenüber technischen Veränderungen im Unternehmen
Eine Kultur der Offenheit und Bereitschaft für Veränderungen wird durch regelmäßige und transparente Kommunikation über bevorstehende Veränderungen, deren Gründe und erwartete Vorteile gefördert. Diese Kommunikationsstrategie kann beispielsweise in Form von informativen Newslettern, Events und Seminaren verfolgt werden. Mitarbeitende werden aktiv in den Veränderungsprozess einbezogen und ermutigt, Feedback zu geben und sich an Diskussionen zu beteiligen. Eine Orientierungshilfe für die die Einbindung von Mitarbeitenden bei Veränderungsprozessen bietet unter anderem der Blog des Mittelstand-Digital Zentrums Magdeburg.
Schulungsprogramme, die den Mitarbeitenden helfen, die notwendigen Fähigkeiten und das Wissen zu erwerben, um sich an Veränderungen anzupassen, sollten ergänzend angeboten werden. Bei unternehmensübergreifenden Veränderungsprozessen eignet sich zudem ein Veränderungsmanagement/Change Management-Team, das die Verantwortung für die Planung, Durchführung und Überwachung von Veränderungsinitiativen übernimmt. Dieses Team besteht aus Mitarbeitenden mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Perspektiven, um eine ganzheitliche Herangehensweise an den Veränderungsprozess zu gewährleisten. Das Team dient auch als Ansprechpartner für alle Fragen und Bedenken im Zusammenhang mit Veränderungen.
Fehlende organisationale Nachhaltigkeitsmanagementstrukturen
Es fehlt an definierten Prozessen und Verantwortlichkeiten zur effektiven Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Unternehmen.
- Unternehmensstruktur ist nicht auf nachhaltige Berichterstattung ausgelegt
- Fehlende Routinen zur nachhaltigen Berichterstattung
Eine zentrale Nachhaltigkeitsabteilung empfiehlt sich, um die Koordination und Umsetzung aller Nachhaltigkeitsinitiativen im Unternehmen zu übernehmen. Diese Abteilung ist verantwortlich für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien, die Überwachung der Fortschritte und die Berichterstattung über die erzielten Ergebnisse. Zur Unterstützung des Ausbaus eines Nachhaltigkeitsmanagements stellt das Bayerische Landesamt für Umwelt beispielsweise eine kostenlose Checkliste zur Verfügung, mithilfe dieser Sie den aktuellen Status relevanter Bestandteile des Nachhaltigkeitsmanagements in Ihrem Unternehmen bewerten können.
Nachhaltigkeitsziele sollten in die übergeordnete Unternehmensstrategie integriert werden, um sicherzustellen, dass alle Geschäftsbereiche auf gemeinsame Nachhaltigkeitsziele hinarbeiten. Dies beinhaltet die Festlegung messbarer Ziele, die regelmäßige Überprüfung der Fortschritte und die Anpassung der Strategien bei Bedarf.
Fehlendes Know-How und Fachkräftemangel
Es liegt ein Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden und spezifischem Fachwissen vor, das erforderlich ist, um präzise und umfassende Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen und zu analysieren.
- Begrenzte personale Kapazitäten
- Fehlendes Know-How der Mitarbeiter
- Mangel an Trainingsangeboten
- Mangel an Orientierungshilfen
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sollten gezielte Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogramme eingeführt werden, um die bestehenden Mitarbeitenden zu fördern und weiterzuentwickeln. Diese Programme könnten Workshops, Seminare und Zertifizierungskurse umfassen, die auf aktuelle und zukünftige Anforderungen ausgerichtet sind. Darüber hinaus sind Kooperationen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen sinnvoll, um den Zugang zu aktuellem Wissen und neuen Technologien zu erleichtern. Solche Kooperationen könnten gemeinsame Forschungsprojekte, Gastvorträge und praxisorientierte Trainings für Mitarbeitende beinhalten.
Um qualifizierte Fachkräfte im Bereich Nachhaltigkeit zu gewinnen und zu binden, sollten zudem attraktive Anreize geschaffen werden, wie wettbewerbsfähige Gehälter, flexible Arbeitsmodelle, Karriereentwicklungsmöglichkeiten und ein positives Arbeitsumfeld, die insbesondere für die junge Generation von entscheidender Bedeutung bei der Wahl des Arbeitgebers sind. Über Strategien zur Gewinnung von Fachkräften informiert zudem das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung, ein Projekt im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums.
Datenerhebung und -analyse
Das Unternehmen verfügt nicht über die notwendigen Nachhaltigkeitsdaten. Diese werden noch nicht erhoben oder können aufgrund fehlender Ressourcen noch nicht erhoben werden.
- Datenverfügbarkeit: Datenknappheit aufgrund mangelnder Datenerhebung
Dem Unternehmen fehlt eine Strategie, um die hohe Anzahl an geforderten Daten zuerheben.
- Aufwändige Datensammlung: Umfangreiche und komplexe Datensammlung
Die Daten weisen eine unzuverlässige Qualität vor, da Managementstrukturen oder Prozesse fehlen, um diese zu prüfen und zu sichern.
- Unverlässliche Datenqualität: Fehlender Qualitätsstandard und Fehlender Prozess zur Sicherstellung der Datengenauigkeit
Aufgrund unterschiedlicher methodischer Ansätze zur Datenanalyse liegt keine Vergleichbarkeit der Daten, z.B. innerhalb von Lieferketten, vor.
- Heterogene Datenanalyse: Herausforderung der Quantifizierung und Skalierung sowie Schwierigkeiten bei der Messung der Auswirkungen
Mangel an klaren und verlässlichen Informationen über die Praktiken und Bedingungen entlang der gesamten Lieferkette, was die Erstellung genauer und vertrauens-würdiger Nachhaltigkeitsberichte erschwert.
- Intransparenz in der Lieferkette: Aufwändige Informationsbeschaffung von Zulieferern und Kunden sowie fehlende Transparenz in der Wertschöpfungskette hinsichtlich THG-Emissionen
Ein zentralisiertes Datenmanagementsystem sollte implementiert werden, um eine konsistente und zuverlässige Datenerhebung und -speicherung für den Nachhaltigkeitsbericht zu gewährleisten. Dieses System würde die standardisierte Erfassung, Verwaltung und Analyse von Nachhaltigkeitsdaten aus verschiedenen Quellen erleichtern. Viele Unternehmen haben bereits eine gute interne Datenbasis, beispielsweise durch die Führung eines ISO-Managementsystems (z.B. ISO 14001 oder ISO 9001), sind sich jedoch dessen nicht bewusst. In diesem Rahmen werden ebenfalls regelmäßige Datenüberprüfungen und Audits durchgeführt, die die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der erhobenen Daten sicherstellen und dabei helfen, mögliche Fehler oder Inkonsistenzen zu identifizieren und zu korrigieren.
Technologische Infrastruktur
Unzureichende digitale Systeme und Tools zur effizienten Erfassung, Verwaltung und Analyse von Nachhaltigkeitsdaten.
- Fehlende technische Ressourcen
- Komplexe Tools für Messungen der Nachhaltigkeitsdaten
Der Ausbau moderner IT- und Datenmanagementsysteme ist im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung unabdingbar, um eine effiziente und zuverlässige Erfassung, Verarbeitung und Abrufbarkeit relevanter Daten zu ermöglichen. Ein ERP-System kann beispielsweise die Nachhaltigkeitsberichterstattung unterstützen, indem es die Integration und Konsolidierung von Nachhaltigkeitsdaten aus verschiedenen Unternehmensbereichen ermöglicht, was zu einer effizienteren Datensammlung beiträgt. Die Verwendung statistischer Softwares kann komplexe Berechnungen von KPI vereinfachen. Förderstellen, wie die Effizienz-Agentur NRW, bieten unter anderem Förderprogramme für Beratungsleistungen zur Ressourceneffizienzsteigerung durch den Einsatz moderner Technologien.
Interne Ressourcenknappheit
Dem Unternehmen fehlt es an monetären Mitteln, um die erforderliche technologische Infrastruktur aufzubauen, Kompetenztrainings für Mitarbeiter zu finanzieren, Experten für die Berichterstattung einzustellen oder Audits durchzuführen. Das Unternehmen steht vor der Herausforderung, neben den unternehmerischen Aktivitäten Zeit und Kapazitäten für die aufwendige Nachhaltigkeitsberichterstattung zu finden.
- Begrenzte finanzielle Mittel für nachhaltige Berichterstattung
- Mangelnde Wirtschaftlichkeit nachhaltiger Berichterstattung
- Zeitmangel
Im Falle einer Ressourcenknappheit im Sinne von Zeit oder Geld müssen wesentliche Nachhaltigkeitsthemen priorisiert und fokussiert werden, um die verfügbaren Ressourcen effizient zu nutzen. Dies beinhaltet die Identifikation und Berichterstattung der wichtigsten Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte, die den größten Einfluss auf die Unternehmensziele und Stakeholder haben. Im Rahmen der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse wird genau dieses Ziel verfolgt, weshalb es sich lohnt, diese als ersten Schritt im Nachhaltigkeitsberichtsprozess durchzuführen.
Zudem bieten die Bundesregierung und regionale Kommunen zahlreiche staatliche Förderprogramme zur Unterstützung von Unternehmen bei der Nachhaltigkeitstransformation. Diese können beispielsweise in Förderdatenbanken eigesehen werden. Zudem fördert der Deutsche Mittelstandsbund beispielsweise verschiedene Projekte im Bereich der Digitalisierung.
Heterogene Stakeholderanforderungen
Unterschiedliche und vielfältige Erwartungen der Stakeholder erschweren die Erfüllung und das Management der Stakeholderanforderungen wie auch die Erstellung konsistenter Nachhaltigkeitsberichte.
- Stakeholder-Forderungen von Nachhaltigkeitsdaten
- Einbindung der Stakeholder in den Prozess der Berichterstattung
- Divergierende Erwartungen und Anforderungen von Stakeholdern
Es wird empfohlen, eine Stakeholder-Analyse durchzuführen, um die Interessen und Anforderungen der Stakeholder zu identifizieren und aufzubereiten. Dies ermöglicht es, die wichtigsten Themen und Erwartungen gezielt in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu adressieren und zu bündeln. Eine beispielhafte Stakeholder-Analyse kann auf der Webseite von Vaude eingesehen werden.
Zudem kann ein Stakeholder-Engagement-Prozess eingerichtet werden, um den regelmäßigen Dialog und Austausch mit den unterschiedlichen Stakeholdergruppen zu intensivieren. Dies umfasst Workshops, Umfragen und Feedback-Runden, um die Bedürfnisse der Stakeholder besser zu verstehen und deren Erwartungen zu berücksichtigen. Schneider Electric und die Together for Sustainability (TfS) Initiative der Chemiebranche unterstützen Unternehmen beispielsweise bei der Entwicklung einer Strategie zur Einbindung von Lieferanten, um Scope-3-Emissionen zu reduzieren und deren Berechnung zu standardisieren.
Des Weiteren können modulare Berichtsformate genutzt werden, um den unterschiedlichen Informationsbedürfnissen der Stakeholder gerecht zu werden. Dies könnte die Erstellung detaillierter Hauptberichte sowie spezifischer Teilberichte umfassen, die auf die jeweiligen Interessen der verschiedenen Stakeholdergruppen zugeschnitten sind.
Dynamische Entwicklungen im regulatorischen Umfeld
Aktuell gibt es keine global einheitlichen Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Auch innerhalb Europas wurden die europäischen Richtlinien nach Vorschriften der CSRD noch nicht in nationales Recht überführt. Die EFRAG Berichtsstandards werden derzeit noch entwickelt. Auch zukünftig wird die CSRD voraussichtlich an aktuelle Umstände angepasst und weiterentwickelt werden. Das Unternehmen muss flexibel auf neue regulatorische Entwicklungen reagieren können und kontinuierlich aktualisierte Berichtspflichten berücksichtigen.
- Unklare Berichtsstandards
- Veränderungen der Vorschriften
- Überführung in nationales Recht noch nicht abgeschlossen
Es wird empfohlen, regulatorische Änderungen regelmäßig zu beobachten, um stets über neue Gesetze und Vorschriften informiert zu sein. Um die Informationsbeschaffung zu erleichtern, eignen sich die Zusammenarbeit mit Rechtsberatern oder die Teilnahme an relevanten Branchenverbänden, Forschungsprojekten und Netzwerken. Die Homepage der EFRAG sowie der Newsletter des BITKOM e.V. informiert zudem stets über den aktuellen Stand der europäischen Berichtstandards. Relevante Mitarbeitende/Abteilungen sollten stets über die neuesten regulatorischen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung informiert werden. Somit können das Verständnis und die Einhaltung neuer Vorschriften gefördert und sichergestellt werden.
Dieses vorwettbewerbliche Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit den Mitteln der IGF gefördert. Förderkennzeichen: 01IF23152 N
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