Maßnahmenkatalog

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung stellt kleine und mittlere Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen unterschiedlicher Art. Diese Hindernisse reichen von mangelndem Verständnis für Nachhaltigkeit und fehlenden Managementstrukturen bis hin zu Veränderungsresistenz innerhalb der Organisation, begrenzten Ressourcen und Komplexität bei der Datenerhebung und -analyse. Zudem stehen viele KMU vor der Aufgabe, auf dynamische regulatorische Entwicklungen und die vielfältigen Erwartungen ihrer Stakeholder zu reagieren. 

Um KMU bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen, wurde ein umfassender Maßnahmenkatalog entwickelt. Dieser Katalog bietet konkrete Handlungsempfehlungen, die auf bewährten Praktiken und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Ziel ist es, Unternehmen praxisnahe und umsetzbare Lösungen an die Hand zu geben, um ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung effizient und erfolgreich zu gestalten. Der folgende Maßnahmenkatalog zeigt auf, wie KMU strukturiert und nachhaltig die häufigsten Herausforderungen überwinden können. 

Mangelndes Nachhaltigkeitsverständnis und -bewusstsein 

Um ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis im Unternehmen aufzubauen, sollten gezielte Schulungsprogramme eingeführt werden, die regelmäßige Nachhaltigkeitsseminare für alle Mitarbeitenden beinhalten. Diese Seminare könnten sowohl allgemeine Nachhaltigkeitsthemen als auch spezifische Aspekte, wie z.B. Energieeffizienz im Büro oder nachhaltige Lieferketten, behandeln. Ergänzend könnten Online-Kurse und E-Learning-Module zur Verfügung gestellt werden, um flexibles Lernen zu ermöglichen. Unternehmen wie REWE, MAN und IKEA bieten beispielsweise eine Vielzahl an Schulungen an, um ihre Mitarbeitenden sowie Kunden nachhaltig weiterzubilden. 

Zudem sollten Unternehmen Nachhaltigkeit als zentralen Bestandteil in ihre Unternehmenswerte und -kultur integrieren, indem sie Nachhaltigkeitsziele in ihre Unternehmensvision und -mission aufnehmen. Eine nachhaltige Unternehmenskultur kann beispielsweise durch die Vorbildfunktion des Managements und die Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien in die jährlichen Leistungsbeurteilungen und Zielvereinbarungen der Mitarbeitenden gefördert werden. KMU der Automobilindustrie können sich beispielsweise über den Verband der Automobilindustrie über innovative Lösungsansätze zur Erreichung der Klimaneutralität informieren.  

Es wird empfohlen, eine Position für einen Nachhaltigkeitsbeauftragten oder ein Team zu schaffen, das die Verantwortung für die Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien übernimmt. Dieses Team kann regelmäßige Meetings und Workshops organisieren, um neue Initiativen zu entwickeln und bestehende Maßnahmen zu überprüfen. Zudem sollte es als Anlaufstelle für alle Mitarbeitenden dienen, um Fragen zu Nachhaltigkeitsthemen zu beantworten und Anregungen aufzunehmen.  

Organisationale Veränderungsresistenz 

Eine Kultur der Offenheit und Bereitschaft für Veränderungen wird durch regelmäßige und transparente Kommunikation über bevorstehende Veränderungen, deren Gründe und erwartete Vorteile gefördert. Diese Kommunikationsstrategie kann beispielsweise in Form von informativen Newslettern, Events und Seminaren verfolgt werden. Mitarbeitende werden aktiv in den Veränderungsprozess einbezogen und ermutigt, Feedback zu geben und sich an Diskussionen zu beteiligen. Eine Orientierungshilfe für die die Einbindung von Mitarbeitenden bei Veränderungsprozessen bietet unter anderem der Blog des Mittelstand-Digital Zentrums Magdeburg. 

Schulungsprogramme, die den Mitarbeitenden helfen, die notwendigen Fähigkeiten und das Wissen zu erwerben, um sich an Veränderungen anzupassen, sollten ergänzend angeboten werden. Bei unternehmensübergreifenden Veränderungsprozessen eignet sich zudem ein Veränderungsmanagement/Change Management-Team, das die Verantwortung für die Planung, Durchführung und Überwachung von Veränderungsinitiativen übernimmt. Dieses Team besteht aus Mitarbeitenden mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Perspektiven, um eine ganzheitliche Herangehensweise an den Veränderungsprozess zu gewährleisten. Das Team dient auch als Ansprechpartner für alle Fragen und Bedenken im Zusammenhang mit Veränderungen. 

Fehlende organisationale Nachhaltigkeitsmanagementstrukturen 

Eine zentrale Nachhaltigkeitsabteilung empfiehlt sich, um die Koordination und Umsetzung aller Nachhaltigkeitsinitiativen im Unternehmen zu übernehmen. Diese Abteilung ist verantwortlich für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien, die Überwachung der Fortschritte und die Berichterstattung über die erzielten Ergebnisse. Zur Unterstützung des Ausbaus eines Nachhaltigkeitsmanagements stellt das Bayerische Landesamt für Umwelt beispielsweise eine kostenlose Checkliste zur Verfügung, mithilfe dieser Sie den aktuellen Status relevanter Bestandteile des Nachhaltigkeitsmanagements in Ihrem Unternehmen bewerten können. 

Nachhaltigkeitsziele sollten in die übergeordnete Unternehmensstrategie integriert werden, um sicherzustellen, dass alle Geschäftsbereiche auf gemeinsame Nachhaltigkeitsziele hinarbeiten. Dies beinhaltet die Festlegung messbarer Ziele, die regelmäßige Überprüfung der Fortschritte und die Anpassung der Strategien bei Bedarf.  

Fehlendes Know-How und Fachkräftemangel 

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sollten gezielte Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogramme eingeführt werden, um die bestehenden Mitarbeitenden zu fördern und weiterzuentwickeln. Diese Programme könnten Workshops, Seminare und Zertifizierungskurse umfassen, die auf aktuelle und zukünftige Anforderungen ausgerichtet sind. Darüber hinaus sind Kooperationen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen sinnvoll, um den Zugang zu aktuellem Wissen und neuen Technologien zu erleichtern. Solche Kooperationen könnten gemeinsame Forschungsprojekte, Gastvorträge und praxisorientierte Trainings für Mitarbeitende beinhalten.  

Um qualifizierte Fachkräfte im Bereich Nachhaltigkeit zu gewinnen und zu binden, sollten zudem attraktive Anreize geschaffen werden, wie wettbewerbsfähige Gehälter, flexible Arbeitsmodelle, Karriereentwicklungsmöglichkeiten und ein positives Arbeitsumfeld, die insbesondere für die junge Generation von entscheidender Bedeutung bei der Wahl des Arbeitgebers sind. Über Strategien zur Gewinnung von Fachkräften informiert zudem das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung, ein Projekt im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums.

 Datenerhebung und -analyse 

Ein zentralisiertes Datenmanagementsystem sollte implementiert werden, um eine konsistente und zuverlässige Datenerhebung und -speicherung für den Nachhaltigkeitsbericht zu gewährleisten. Dieses System würde die standardisierte Erfassung, Verwaltung und Analyse von Nachhaltigkeitsdaten aus verschiedenen Quellen erleichtern. Viele Unternehmen haben bereits eine gute interne Datenbasis, beispielsweise durch die Führung eines ISO-Managementsystems (z.B. ISO 14001 oder ISO 9001), sind sich jedoch dessen nicht bewusst. In diesem Rahmen werden ebenfalls regelmäßige Datenüberprüfungen und Audits durchgeführt, die die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der erhobenen Daten sicherstellen und dabei helfen, mögliche Fehler oder Inkonsistenzen zu identifizieren und zu korrigieren. 

 Technologische Infrastruktur 

Der Ausbau moderner IT- und Datenmanagementsysteme ist im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung unabdingbar, um eine effiziente und zuverlässige Erfassung, Verarbeitung und Abrufbarkeit relevanter Daten zu ermöglichen. Ein ERP-System kann beispielsweise die Nachhaltigkeitsberichterstattung unterstützen, indem es die Integration und Konsolidierung von Nachhaltigkeitsdaten aus verschiedenen Unternehmensbereichen ermöglicht, was zu einer effizienteren Datensammlung beiträgt. Die Verwendung statistischer Softwares kann komplexe Berechnungen von KPI vereinfachen. Förderstellen, wie die Effizienz-Agentur NRW, bieten unter anderem Förderprogramme für Beratungsleistungen zur Ressourceneffizienzsteigerung durch den Einsatz moderner Technologien. 

Interne Ressourcenknappheit 

Im Falle einer Ressourcenknappheit im Sinne von Zeit oder Geld müssen wesentliche Nachhaltigkeitsthemen priorisiert und fokussiert werden, um die verfügbaren Ressourcen effizient zu nutzen. Dies beinhaltet die Identifikation und Berichterstattung der wichtigsten Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte, die den größten Einfluss auf die Unternehmensziele und Stakeholder haben. Im Rahmen der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse wird genau dieses Ziel verfolgt, weshalb es sich lohnt, diese als ersten Schritt im Nachhaltigkeitsberichtsprozess durchzuführen. 

Zudem bieten die Bundesregierung und regionale Kommunen zahlreiche staatliche Förderprogramme zur Unterstützung von Unternehmen bei der Nachhaltigkeitstransformation. Diese können beispielsweise in Förderdatenbanken eigesehen werden. Zudem fördert der Deutsche Mittelstandsbund beispielsweise verschiedene Projekte im Bereich der Digitalisierung.  

Heterogene Stakeholderanforderungen 

Es wird empfohlen, eine Stakeholder-Analyse durchzuführen, um die Interessen und Anforderungen der Stakeholder zu identifizieren und aufzubereiten. Dies ermöglicht es, die wichtigsten Themen und Erwartungen gezielt in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu adressieren und zu bündeln. Eine beispielhafte Stakeholder-Analyse kann auf der Webseite von Vaude eingesehen werden. 

Zudem kann ein Stakeholder-Engagement-Prozess eingerichtet werden, um den regelmäßigen Dialog und Austausch mit den unterschiedlichen Stakeholdergruppen zu intensivieren. Dies umfasst Workshops, Umfragen und Feedback-Runden, um die Bedürfnisse der Stakeholder besser zu verstehen und deren Erwartungen zu berücksichtigen. Schneider Electric und die Together for Sustainability (TfS) Initiative der Chemiebranche unterstützen Unternehmen beispielsweise bei der Entwicklung einer Strategie zur Einbindung von Lieferanten, um Scope-3-Emissionen zu reduzieren und deren Berechnung zu standardisieren. 

Des Weiteren können modulare Berichtsformate genutzt werden, um den unterschiedlichen Informationsbedürfnissen der Stakeholder gerecht zu werden. Dies könnte die Erstellung detaillierter Hauptberichte sowie spezifischer Teilberichte umfassen, die auf die jeweiligen Interessen der verschiedenen Stakeholdergruppen zugeschnitten sind. 

Dynamische Entwicklungen im regulatorischen Umfeld 

Es wird empfohlen, regulatorische Änderungen regelmäßig zu beobachten, um stets über neue Gesetze und Vorschriften informiert zu sein. Um die Informationsbeschaffung zu erleichtern, eignen sich die Zusammenarbeit mit Rechtsberatern oder die Teilnahme an relevanten Branchenverbänden, Forschungsprojekten und Netzwerken. Die Homepage der EFRAG sowie der Newsletter des BITKOM e.V. informiert zudem stets über den aktuellen Stand der europäischen Berichtstandards. Relevante Mitarbeitende/Abteilungen sollten stets über die neuesten regulatorischen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung informiert werden. Somit können das Verständnis und die Einhaltung neuer Vorschriften gefördert und sichergestellt werden.